Der Potentiometer oder Potentiometer richtig instandsetzen
Was macht man, wenn der Volume / Bass / Treble / Balance-Potentiometer "kratzt", aussetzt oder die Mitnehmerachse abgerissen/gebrochen oder verbogen ist und diese Potentiometer nicht mehr lieferbar sind ???.
Bei vielen Potentiometern ist es möglich, diese aufzuarbeiten oder neue Achsen anzufertigen, solange diese nicht "verbastelt" sind, durchgebrochene oder abgerissene Widerstands-Platinen haben, Teile des Potentiometers fehlen oder diese gar "totgesprüht" wurden.
Zuerst zum Mythos "durch einsprühen kann man den Potentiometer heilen": Seit den 80er Jahren hält sich (alleine durch die Werbekampagne eines Kontaktmittelherstellers) , und heutzutage durch "unbedarfte" Foreneinträge, das Gerücht, daß man durch "besprühen" mit "Wundermitteln" einen Potentiometer langzeitig wieder zum Leben erwecken kann. Das ist nicht so!! Dazu muss man wissen wie ein Potentiometer im allgemeinen aufgebaut ist und was diese Fehler verursacht, wenn was "kratzt" oder an bestimmten Positionen aussetzt.
Zum Aufbau: Bei allen Potentiometern gibt es einen Träger (Pertinax, GFK oder Keramik) auf dem die Widerstandsbahn (Mischung aus Graphit, Silber und einem speziellen Kleber/Mischer) aufgebracht ist. Diese Bahn wird mit einem "Schleifer", der mit der Achse verbunden ist abgetastet. Der Schleifer selbst wird wieder durch ein 2tes Schleiferpaar, welches den polierten Schleiferring abtastet, wieder auf den Träger zurückgeführt.
Die eigentlichen Ursachen von Tonkratzen, Tonaussetzer: Die Schleifer und der Schleiferring bestehen aus Silber oder einer Silberlegierung. Da Silber aber die unangenehme Eigenschaft besitzt mit Luftsauerstoff schnell zu oxidieren, werden bei der Produktion die Materialien mit einem speziellen Fett "gefüttert". Dieses "Fett" diffundiert leider nach einigen Jahren aus dem Material, so daß ein dauerhafter Kontakt zwischen dem 2. Schleiferpaar und dem Schleiferring nicht mehr zu 100% gegeben ist. Diese Kontaktaussetzer sind dann als "Tonkratzen" oder sogar als "Tonaussetzer" hörbar (also nicht der Kontakt zur R-Bahn, wie irrtümlich geglaubt!!!).
Die Abhilfe:
1. "Besprühen" Funktioniert nicht dauerhaft, wirkt zerstörend! Dazu muss man wissen, es gibt 2 Arten der im "Fachhandel" propagierten Mittel: A). Kontaktreiniger: Diese basieren meistens auf fettlösenden Chemikalien, die teilweise oxidlösend wirken aber auch das letztlich verbliebene Fett aus dem Silber ziehen. Nach dem Verdunsten des Kontaktreinigers sind die inzwischen ungeschützen Silberoberflächen daher wesentlich schutzloser einer erneuten Oxidation ausgesetzt. Zusätzlich (gerade bei Potentiometer die in Geräten aus den 70ern und 80ern verbaut wurden) weichen diese Chemikalien die R-Bahnen auf dem Pertinax auf, so daß beim mehrfachen "besprühen" diese sogar vom Träger geschwemmt werden oder vom Schleifer abgekratzt werden -> FOLGE: Verschlimmerung !! B). Öle: (Auf säurehaltigen Öle gehe ich hier nicht näher ein, es ist klar, das diese die Kontaktflächen und R-Bahnen auf lange Sicht zerfressen). Also, sog. "Nichtsäurehaltigen Öle" haben eigentlich nur den Effekt, das schon abgelöste Silberoxid bei Bewegung der Potiachse, seitlich und vor dem Kontaktschleiferpaar, aufzutürmen. Eine Materialnachfütterung findet nicht statt. Einige der Öle "verharzen" auch mit der Zeit, so daß die Achse des Potentiometers nur noch schwergängig zu drehen ist. -> Folge: Komplettaussetzen des Tones im Anfangs und Endbereiches und Aufplatzen des Schleiferträgers.
Fazit: Diese "Wundermittel" die über Großhändler, Onlineauktionen verkauft werden, haben nur den Effekt, den Verkäufer zu bereichern und Ihren Poti nachhaltig zu zerstören.
2. Aufarbeitung / Restauration Die einzige Möglichkeit den Potentiometer wieder dauerhaft instand zu setzen ist, diesen zu zerlegen, die Kontaktschleifer materialschonend zu reinigen, Auflagepads polieren (nicht kratzen, schleifen, feilen!!!!), den Schleiferring zu reinigen und aufzupolieren. Diese Teile wieder mit dem auch von der Industrie vorgesehenen "Versiegler" zu füttern und den Potentiometer wieder zusammen zu bauen. Dabei sollte - das alte Achs(brems)lagerfett ersetzt werden. - die Achsvernietung durch eine Achsverschraubung ersetzt und angepasst werden. - Neue Gehäusenieten (bei genieteten Potis) angefertigt und angepasst werden. - geplatzte Zwischenringe durch angefertigte Spannringe fixiert werden. - ggf. Trägernieten neu gespannt werden
Machen wir das auch einzeln, ohne daß das betroffene Gerät dazu beim Klassiker-Service / ETuS-Landgraf sein muß ?
In geringen Stückzahlen führen wir diese Aufarbeitungen für fast alle Audio-Hersteller durch: Beispiele für Aufarbeitungen welche bei uns zur Zeit möglich sind: - Die Deoxidation der Schleifer incl. Langzeitversiegelung - Das Aufpolieren des Schleiferringes. - Die Reinigung der R-Bahn(en) vom Oxid der Schleifer - Die Egalisierung der Laufbahnen - Die Reparatur abgerissener Kontaktschleifer - Die Kontaktnieten richten - Die Potimotorreparatur (Überholung) - Die Erneuerung des Achsen(brems)-Fettes - Die Reinigung und Einstellung des Mitnehmergetriebes /RuKu bei Motorpotentiometer - Die Anfertigung von neuen Gehäusenieten in Aluminium oder Messing - Die Repartur abgerissener Loudness-Kontaktierung am Träger (solange die R-Bahn unbeschädigt ist!) - Die Reparatur von Rasterpotentiometer (Mechanik) mit und ohne Kugel.
- Die Achsenan(nach)fertigung (drehen / fräsen) von:
Vollachsen / angefasten Achsen / Mitnehmerachsen (LED-Lochachsen) in den Duchmessern 4 / 6/ 8 mm wobei das Material: Aluminium oder Messing sein kann.
Aufarbeitungen welche wir nicht mehr machen werden: - "Todgesprühte" Potentiometer d.h: (Potentiometer welche mit vermeitlichen Wundermitteln kurzfristig zur "Funktion" geflutet wurden und nun komplett aussetzen, da R-Bahnen ausgeschwemmt oder die verharzten Schleifer die R-Bahnen zerkratzt / beschädigt haben.) - Indstandsetzung von missglückten "Vorinstandsetzungen" - Rekonstruktion in Fetzen angelieferter Potiteile Aufarbeitungen welche wir noch nicht machen können: - Ersetzen der PE-Schleiferringhalterung (teilweise schon möglich) - Umbau eines normalen Potentiometer zu einem mit Loudnessabgriff (coming soon) - Anfertigung von gerändelten Schlitzachsen - Anfertigungen neuer Wiederstandsbahnen auf dem Trägermaterial
Nachtrag: Gelernten Elektronikern im Bereich Nachrichtentechnik, Radio+Fernsehtechnik sollte dieses bekannt sein. Siehe Unterichtsfach: Materialkunde!! Daher ist dieser Artikel eher an Endverbraucher gerichtet, die verzweifelt eine Möglichkeit suchen, auch mit nicht mehr lieferbaren Potentiometern Ihren "Schatz" wieder auf die Beine zu stellen, ohne auf dubiose Sprühmittelangebote hereinzufallen.
Kleiner Tip: Sollten Sie Ihr Gerät mit einem solchen Fehler bei einer Fachwerkstatt abgeben, fragen Sie vorher ob die Kontaktflächen von Schaltern / Potentiometern "Reparaturgesprüht" werden. Dafür braucht man keine "Fachwerkstatt", totsprühen kann man selbst billiger *zwinker*.
Sollte sowas auch ohne das sie vorab gefragt haben aber ohne Ihre Zustimmung gemacht worden sein, ist das rechtlich eine Sachzerstörung, auch wenn sich die Auswirkung erst nach Monaten zeigt, Man kann sich dagegen wehren!
( Aufkleber den ich im Chassis eines ältern Audiogerätes gefunden habe!)
Bei uns werden die Potentiometer und Schalter grundsätzlich aufgearbeitet und nicht besprüht!
(Siehe Beispiele)
(C) by ETuS-Landgraf / Klassiker-Service.com
Wir überholen alle Arten von Audio-Potentiometer, natürlich auch einzeln nicht nur bei Reparaturen.